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erschienen im Senftenberger Anzeiger vom 16.Oktober 1935
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Addis Abeba, 13. Sept. 1935. Ethiopische Eheschließungen.
Will man über den Begriff „ethiopische Ehe“ überhaupt sprechen, so ist scharf zu unterscheiden zwischen den Ehen der christlichen Amhara, den Ehen der heidnischen Galla und den Ehen der mohamedanischen Somali. Die kleineren Stämme sind je nach ihrer Religion in diese 3 Kategorien einzugliedern. Es existiert zwar – praktisch jedoch nur in Addis Abeba – die zivile Ehe, die vor einem Standesbeamten nach Abschluß des Ehekontraktes durch Eintragung in ein Ehestandsregister vollzogen wird. Von dieser Einrichtung wird in den seltensten Fällen Gebrauch gemacht. Im allgemeinen bleibt es bei den Formen, die seit Hunderten von Jahren üblich sind. Beginnen wir mit den Eheschließungen der Amhara und christlichen Galla: Da gibt es 3 Formen der Eheschließung. Die eine dieser 3 Formen heißt „Be–kurban“, d.i. die in der Kirche nach Einnahme des Abendmahls vom Priester gesegnete Ehe. Eheleute, die „Be–kurban“ verheiratet sind, gibt es ganz wenige. Denn diese Form der Ehe kann nur vom „Abuna“, dem höchsten koptischen Geistlichen Ethiopiens, geschieden werden. Der Abuna spricht die Scheidung aber nur aus bei einem einwandfreien Nachweis der Untreue eines der beiden Ehegatten. In diesem Falle spricht außerdem der Abuna unumstößliches Recht über die Teilung der vorhandenen Vermögenswerte.
Galla-Dorf
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Galla-Frau mit KindernWir kommen nun zur Galla-Ehe, d.h. der Eheschließung der heidnischen Galla, und schildern aus den verschiedenen Formen eine Art der Eheschließung, die bei den Olje-Galla in Arussi Brauch ist. Dort herrscht noch die Sitte des Brautkaufes. Ein Freund des heiratslustigen Galla übernimmt die Rolle des Unterhändlers bei dem zukünftigen Schwiegervater. Ist man über den Kaufpreis, der aus Ochsen, Kühen, Pferden, Schafen und Ziegen besteht, einig geworden, so wird die Hochzeit festgesetzt. Im Verlauf dieser Feierlichkeiten wird die Braut durch den Brautführer zu Pferde in die Hütte des künftigen Ehemannes übergeführt. Die Somali-Ehe (die Somalis sind durchweg Mohamedaner) wird nach den Vorschriften des Koran geschlossen. Der Somali darf demnach bis zu 4 Frauen gleichzeitig besitzen. In diese Zahl sind aber nicht eingeschlossen die „Tschin-gered“, etwa den alttestamentarischen Kebsweibern entsprechend. Die Somali-Schönen geben nach alter Sitte solchen Männern den Vorzug, die bereits mindestens einen, möglichst aber mehrere Feinde getötet und so ihre Tapferkeit erwiesen haben. Er trägt zudem je nach Brauch seines Stammes als Zeichen dafür, daß er einen Feind erlegt hat, eine bestimmte Feder, einen Messingring oder ein anderes Abzeichen. Aus solcher Auffassung ergibt sich natürlich, daß im Somali-Lande kaum einmal Ruhe herrscht, daß vielmehr fortgesetzt die Stämme mit ihren Nachbarn in blutiger Fehde liegen. Zum Schluß sei erwähnt, daß trotz der für unsere Begriffe außerordentlich lockeren Auffassungen des Ethiopiers inbezug auf den Begriff „Ehe“ das Eheleben selbst – d.h. solange es eben dauert – harmonisch verläuft und daß beide Ehegatten außerordentlich kinderlieb sind und alles Erdenkliche tun, um ihren Kindern eine gute Erziehung angedeihen zu lassen. |
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